Albert Einstein
Es gibt viele Wege zum Glück.
Einer davon ist aufhören zu jammern.
Philosophische Abhandlung über das Glück von Wilhelm Schmid
Die Frage nach dem Glück beschäftigt viele Menschen. Auf die Frage nicht zu antworten, erscheint unmöglich, und dies nicht erst in moderner Zeit. Schon in der Antike waren die Philosophen damit befasst: Alle Menschen streben nach einem höchsten Gut, hieß es gleich zu Beginn der „Nikomachischen Ethik“ von Aristoteles; und dieses höchste Gut ist das Glück. Eine philosophische Lebenskunst, die dazu nichts zu sagen wüsste, hätte wohl ihren Sinn verfehlt. Was aber ist das Glück?
Zuallererst ist es, wie so vieles, nichts als ein Begriff. Und speziell mit dem Begriff „Glück“ kann ganz Verschiedenes gemeint sein, es gibt keine verbindliche, einheitliche Definition. Was darunter zu verstehen ist, legt letztlich das jeweilige Individuum für sich selbst fest. Die Philosophie kann lediglich Hilfestellung bieten, die etwa in einer Auseinanderlegung des Begriffs besteht, fern davon, eine bestimmte Bedeutung zur einzig möglichen zu erklären. Dies erlaubt die je eigene Klärung, um die Frage zu beantworten: Was bedeutet Glück für mich?
Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass drei Ebenen des Glücks im Spiel sind, und es könnte sinnvoll sein, sie auseinander zu halten:
1. Das Zufalls-Glück
Das deutsche Wort „Glück“ rührt vom althochdeutschen gelücke her und hat viel mit dem Schicksal zu tun, das so oder auch anders ausfallen kann. Die Zufälligkeit dieses Glücks prägt den Begriff im Deutschen bis heute. Im Griechischen war dies einst tyche, im Lateinischen fortuna, erhalten als fortune, französisch oder englisch ausgesprochen. Offen ist die Frage und wird es wohl bleiben, ob es „sinnvolle“ Zufälle gibt. Wesentlich an diesem Glück ist jedoch seine Unverfügbarkeit. Verfügbar ist lediglich die Haltung, die der Einzelne dem Schicksal und Zufall gegebenüber einnimmt: Er/sie kann sich verschließen oder offen dafür sein. Die Offenheit scheint das Zufalls-Glück zu beflügeln: Es macht gerne dort Station, wo es sich gut aufgehoben fühlt und nicht noch Vorwürfe zu hören bekommt.
2. Das Wohlfühl-Glück
In moderner Zeit wird der Begriff des Glück zusehends stärker vom so genannten „Positiven“ bestimmt: vom Angenehmen, von Lüsten, vom Wohlfühlen, von guten Empfindungen. Die grundlegende Definition hierzu stammt von Utilitaristen wie Jeremy Bentham im 18. Jahrhundert: Glück ist Maximierung von Lust und Minimierung von Schmerz. Kaum eine philosophische Auffassung hat sich dermaßen durchgesetzt wie diese. Die moderne Spaß- und Erlebnisgesellschaft ist ohne das Streben nach Glück in diesem Sinne nicht denkbar. Es käme aber darauf an, nicht das gesamte Leben damit zu verwechseln, um dann bitter enttäuscht zu sein, wenn nicht alles jederzeit lustvoll ist und völlige physische und psychische Schmerzfreiheit nicht erreicht werden kann. Das Wohlfühl-Glück hat seine Zeit, es hält glückliche Augenblicke bereit, für die das Individuum sich nicht nur offen halten, die es vielmehr auch selbst präparieren kann: Augenblicke, um derentwillen das Leben sich lohnt und die sich nahezu jeden Tag finden lassen.
3. Das Glück der Fülle
Und doch war das Glück der eudaimonia und beatitudo in antiker Zeit noch ein anderes, umfassender und dauerhafter, das eigentlich philosophische Glück, nicht abhängig von bloßen Zufällen und momentanen Empfindungen, vielmehr die Balance in aller Polarität des Lebens, nicht unbedingt im jeweiligen Augenblick, sondern durch das Leben hindurch: Nicht nur Gelingen, auch Misslingen; nicht nur Erfolg, auch Misserfolg; nicht nur Lust, auch Schmerz; nicht nur Oberfläche, auch Abgründigkeit; nicht nur Tun, auch Lassen; und nicht nur ein Glücklichsein des Wohlfühlens, sondern auch ein Unglücklichsein. Dieses Glück der Fülle ist eine Frage der bewusst eingenommenen Haltung, in Heiterkeit und Gelassenheit kommt es am besten zum Ausdruck. Keine der genannten Ebenen, Quanten-Ebene, Gefühlsebene, geistige Ebene, ist verzichtbar, aber das dritte Glück vor allem gilt es wieder zu entdecken. Es ist das einzige, das bleibt.